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Tanz in Fernsehgottesdiensten

Gleich zweimal im Abstand von nur zwei Wochen konnten die Fernsehschauenden Tanz in Gottesdienst erleben, beide Male in Direktübertragungen:

Am 16. Dezember 2001 tanzten Hildegard Stockhofe und Eva Schumacher (als das Duo "in between") in der allsonntäglichen Fernsehgottesdienstübertragung des ZDF, diesmal übertragen aus der Karmelkirche "Mutter vom guten Rat" in Duisburg. Das Thema der katholischen Meßfeier am dritten Adventssontag ("Gaudete") war: "Wir hören - wir sehen - wir haben Grund zur Freude". Die Choreographie bezog sich vor allem auf die Lesung Jes 35,1-7.10. Nachdem der die Liturgie leitende Karmelitenpater Hermann Olthof in einer kurzen Auslegung diese Lesung interpretiert hatte, überließ er den Altarraum dem Tanz-Duo. Eva Schumacher begann auf der Blockflöte spielend, Hildegard Stockhofe tanzend am Taufbecken; die weitere Choreographie führte beide tanzend zusammen und später wieder in Bewegung und Klang auseinander.


Katja Erdmann-Rajski (Photo) war die Tänzerin im ökumenischen Neujahrsgottesdienst der ARD. Der Gottesdienst stand unter dem Thema "Vision 2002. Europa ist mehr als der Euro" und wurde übertragen aus der St.-Stephan-Kirche in Mainz (mit den berühmten Glasbildern von Chagall). Der mit einer Arbeit über Gret Palucca promovierte Dozentin für Rhythmik und freiberufliche Tänzerin kam zunächst die Aufgabe zu (den einleitenden Worten der Pfarrerin zufolge), zum Blau des Himmels, der Chagall-Fenster und der Visionen die Symbolik der Farbe zu entfalten. Unter einer meterlangen blauen, transparenten Stoffbahn "ent-wickelte" Katja Erdmann-Rajski abstrakt eine Vision, beginnend hingekauert und ganz vom Stoff bedeckt vor dem Altar, dann allmählich sich vom Stoff befreiend bis zur untersten Chorraumstufe voran. Nach einer Ansprache von Dr. Heiner Geißler MdB interpretierte Katja Erdmann-Rajski im Raum vor den ersten Bänken bis in den Mittelgang hinein ein Kyrie. Schließlich oblag es ihr noch, mit der blauen Stoffbahn durch den Mittelgang auszuziehen.
Leider muß man bei beiden Übertragungen konstatieren, daß Aufnahmeleitung bedenklich wenig in der Lage zu sein schien, den Tanz im Gottesdienst zu übermitteln. Während nicht im Bild befindliche Musikquellen noch immer akustisch markant präsent waren, riß der "Faden" beim Tanz sofort, wenn die Kamera die Tanzende verließ und später wieder einfing, so vor allem in Mainz geschehen. Die Choreographie wurde zu einem unwesentlichen Begleitgeschehen gemacht. Damit hatten Fernsehzuschauer schlechtere Bedingungen als die räumlich Anwesenden, weil sie nicht über die Möglichkeit einer durchgängigen Betrachtung verfügten. Hier ist den Gottesdienst-Fernsehleuten offensichtlich beim neuen Element Tanz im Gottesdienst ein neuer Standard noch erst zu vermitteln.