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Bewegter Klang bewegt —
die Christliche Arbeitsgemeinschaft Tanz
lud die Kirchenmusik zum Symposium ein

"Wo klemmt es?" fragte Prof. Matthias Kreuels, der Rektor der Aachener Hochschule für Kirchenmusik, im Eröffnungsreferat des Symposiums der Christlichen Arbeitsgemeinschaft Tanz zum Jahresanfang 2002 in der ev. Akademie Loccum. Woran liegt es, wollte er wissen, daß der Klang so wenig bewegt - hier einmal leiblich und vor allem liturgisch verstanden. Dem Dialog zwischen Kirchenmusik und Kirchentanz war dieses mit ca. 120 Personen aus im In- und Ausland gut besuchten Symposium gewidmet, und damit waren bereits zwei Disziplinen versammelt, denen der Gottesdienst als lebendiger Vollzug der Gemeinde wie auch die Verkündigung ein Anliegen ist. Das müßte doch eigentlich ein Zusammenspiel bewirken und Synergien freisetzen, meinte Kreuels. Das sahen auch die aus dem Kirchentanz kommenden Ausrichter der Tagung so. Denn so Tanz überwiegend von Musik begleitet oder inspiriert wird, so mußte es doch einmal möglich und nunmehr nach vielen Erfahrungen im ja noch jungen Kirchentanz wohl auch an der Zeit sein, miteinander intensiver ins Gespräch zu kommen. Zum einen motivierten dazu fast pragmatisch Fragen der Qualität, wenn etwa Volksmusik des Balkans per CD nicht selten Tanz in der Kirche begleitet, aber die Orgel schweigt, oder wenn schwungvolle Lieder oder instrumentales Spiel eigentümlicherweise die Mitfeiernden nur innerlich und nicht leiblich bewegen soll. Zum anderen annimierten - darf man das sagen? - lustvolle und tief berührende Erfahrungen mit der tänzerischen Umsetzung klassischer Literatur (z.B. "Bach getanzt" mit KMD Gerd Kötter, München, und der Tänzerin Wilma Vesseur, CH-Trogen).
Den Kirchentänzerinnen und Kirchentänzern erscheint aber die Kirchenmusik nicht selten wie eine große Schwester, die keinen Blick für ihren jüngeren Bruder Kirchentanz hat: Hier zahllose haupt- und nebenamtliche Stellen, anerkannte Ausbildungsstätten und umfassende kirchliche Anerkennung als Stütze des liturgischen und gemeindlichen Lebens, dort unfreiwillig (!) fast ausschließlich ehrenamtliches Engagement, keine Einrichtungen und eine kirchliche Beiläufigkeit. Kreuels warnte jedoch die Kirchenmusik eindringlich davor, sich auf ihren Besitzständen auszuruhen, und schrieb der eigenen Disziplin ungeschminkt etliche "Hausaufgaben" ins Stammbuch. Andererseits konnte es keinen Zweifel an dem noch zu Leistenden auch beim Kirchentanz geben. Pfarrerin Christine Jahn, die zur Liturgie referierte, gab Enthusiasten zu bedenken, daß die zweifellos wünschenswerte Integration des Leiblichen in die Liturgie viele Menschen vorläufig noch überfordere. In der Reflexion wie in der von den Symposiumsteilnehmenden gefeierten Epiphanie-Liturgie dann auch praktisch zeigte sich, daß es mit dem Ruf nach einer "Lebendigen Liturgie" allein nicht getan ist. Die "ars celebrandi" - da war man sich in der Schlußrunde einig - bedarf eines beträchtlichen, gewiß aufwendigen Zusammenspiels von Liturg/inn/en, Kirchenmusiker/innen und Kirchentänzer/innen. Aber es geht nicht nur um die Defizite: Das Symposium bot in den acht Workshops reichlich Beispiele dafür, welches Potential in der Verbindung von Klang und leiblicher Bewegung das Glaubensleben bereichern kann. Dazu machte die Christliche Arbeitsgemeinschaft Tanz den ersten Schritt, dem die teilnehmenden Kirchemusizierenden sehr offen begegneten. Als überaus wünschenswert erscheint es nun, die in diesem Symposium noch mehr angedeuteten als erprobten Gemeinsamkeiten von Kirchenmusik und -tanz wachsen zu lassen und sich als aufeinander verwiesene Gesprächspartner zu begreifen.

Gereon Vogler ©