Biografie


Teil 3
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Tonys Priesterweihe am 23. März 1961.
Tony ist der dritte von oben auf der rechten Seite.

© Copyright Bill de Mello

Das Versprechen


Eines Tages, nach einer weiteren dezenten und höflichen Erwähnung von Tony in Sachen Ausbildungswunsch sagte meine Mutter zu ihm: "Wenn du uns verlassen willst und zu den Jesuiten gehst - wer wird sich denn dann um uns kümmern, wenn wir alt sind?" Tony antwortete: "Mutter, ich bete zu Gott, dass er dir einen weiteren Sohn schenkt, der sich um dich kümmern kann. Wenn meine Gebete erhört werden, wirst du mir dann erlauben, in den Orden einzutreten?"
Meine Mutter, die damals die 40 schon überschritten hatte, ging bereitwillig darauf ein in der Annahme, dass ihre Chancen, noch mal schwanger zu werden, nur sehr gering waren. Ich denke heute, dass diese Zusage der verzweifelte Versuch war, den Sohn so lange wie möglich festzuhalten. Aber... einige Monate später stellte sie fest, dass sie schwanger war! Nach dem, was man mir von jener Zeit erzählt hat, hatte Tony das Thema Jesuitenorden nicht wieder erwähnt, bis er mich als Neugeborenen sah. Er soll noch nicht einmal danach gefragt haben, wie es meiner Mutter und mir denn ginge, als er in der Wöchnerinnenstation ans Bett meiner Mutter kam. Seine ersten Worte waren tatsächlich: "Meine Gebete sind erhört worden. Jetzt kann ich doch ein Priester bei den Jesuiten werden!"


Das Versprechen wird eingelöst

Die Zeit verging, und das heikle Thema, dass Tony Ordensmitglied werden wollte, wurde immer wieder mal erwähnt, aber meine Eltern nahmen das nicht so ganz ernst. 1947, als schon einige Monate seines letzten Schuljahres vergangen waren, ging Tony zu einer Berufsberatung. Kaum wieder zu Hause verlangte er, mit den Eltern nun seine Zukunft ernsthaft zu besprechen. Das gefürchtete Thema "Jesuiten" kam wieder auf die Tagesordnung, und diesmal wussten alle, dass es Tony damit ganz ernst war. Meine Mutter sagte, dass sie sich für ihn freuen, wenn er im Rahmen der Kirche einen geistlichen Beruf ergreifen würde - aber nicht bei den Jesuiten! Sie hatte gehört - was auch der Wirklichkeit entsprach -, dass Novizen drei Jahre lang nicht nach Hause fahren durften und die Besuche der Familie im Kloster auf drei pro Jahr beschränkt waren. Mit diesen Einschränkungen mochte sie sich nicht anfreunden und schlug deshalb vor, Tony möge doch lieber bei einem weltlicheren Orden eintreten statt bei den Jesuiten. Seine Antwort war, wenn dies ihr Wunsch sei, dann würde er lieber wie mein Vater bei der indischen Eisenbahn arbeiten und dort eine Lehre beginnen, dass er aber mit dieser Berufswahl schrecklich unglücklich sein würde.
Tony erinnerte unsere Mutter auch an ihr Versprechen, und schließlich sahen meine Eltern ein, dass es keine Möglichkeit gab, ihn von seinen Plänen abzubringen. Sein Entschluss, seiner Berufung nachzukommen, hatte sich durchgesetzt, und am 1. Juli 1947 trat Tony als Novize in einem Priesterseminar namens Vinayalaya in Andheri, Bombay, der "Gesellschaft Jesu" bei.
Später wurde er zwischen 1968 und 1972 Rektor dieser Einrichtung.


Grace

Jahre später war es kurioserweise meine Schwester Grace, die zu Hause blieb und sich um meine alten Eltern kümmerte, so dass ich meiner Karriere nachgehen konnte - erst in Europa und schließlich in Australien. Ich muss aber sagen, dass Tony immer zur Stelle war, wenn seine Familie ihn brauchte. Weite Reisen nach Übersee machte er nur, wenn es unbedingt nötig war. In der Rangfolge von Tonys Liebe und Loyalitäten kam nach der Familie und der "Gesellschaft Jesu" gleich ein gewisser Patriotismus. Er liebte Indien und konnte mit keinem Mittel überzeugt werden, ein anderes Land als Indien zu seiner Heimat zu machen.





Bei der Feier der Silberhochzeit der Eltern im September 1955. Tony stößt mit seiner Mutter auf diesen Festtag an.
© Copyright Bill de Mello



Tony und Eltern während des Gottesdienstes
anlässlich der Goldenen Hochzeit im September 1980.
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